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ja ja

Eigent­lich woll­te mich Nuru­de­en ein paar Kilo­me­ter beglei­ten, doch er hat­te ver­schla­fen

So bin ich allei­ne durch die Stadt und zur Bal­kan­tras­se im Bel­ten gelau­fen

Dort am Treff­punkt bei der Aral-Tank­stel­le war­te­te heu­te kein Alpha auf mich, dem ver­mut­lich der gest­ri­ge “Hügel­auf” noch etwas in den Kno­chen steck­te

Aber dafür tän­zel­te mir Mama­dou ent­ge­gen. Er ist der jun­ge Mann, den Nuru­de­en vor ein paar Tagen zum Lauf­ein­stieg mit­ge­bracht hat­te

“Ich will mit dir lau­fen”

Rief er mir ent­ge­gen. Und

“Wo ist Nuru­de­en?”

OK, Nuru­de­en hat ver­schla­fen. Er kommt nicht. Ant­wor­te­te ich ihm 

Aber er gab mir sein Han­dy und bestand dar­auf, dass ich Nuru­de­en kurz anru­fen soll, was mei­ne Annah­me bestä­tig­te

Ver­schla­fen war rich­tig

Wir lie­fen also zu zweit los

Der “Neue”, Mama­dou aus Gui­nea und ich, der Alte

Mama­dou ist erst zwan­zig, spielt ger­ne Fuß­ball und seit letz­ter Woche geht er zum Trai­ning des Fuß­ball­ver­eins unse­rer Stadt

Ich frag­te ihn, wie weit er denn mit mir lau­fen will, ich jetzt die Ent­fer­nung bis Len­nep und zurück lau­fen wer­de, das seit über fünf Jah­ren jeden Tag machen wür­de und er ant­wor­te­te nur

“ja ja — kein Pro­blem”

Ja dann. Das ken­ne ich ja schon. Die­ses ja ja — kein Pro­blem

Er leg­te das Tem­po vor. Für mei­ne Begrif­fe etwas zu schnell den Berg hin­auf, auch wenn es nur eine leich­te aber dafür lan­ge Stei­gung ist

Ich frag­te ihn zwi­schen­durch immer wie­der, ob alles OK sei und er ant­wor­te­te immer “ja ja — kein Pro­blem”

Bis Len­nep und zurück bis Ber­gisch-Born war er sehr gesprä­chig und wir lern­ten ein paar neue Voka­beln

Doch ab Ber­gisch-Born bis nach Wer­mels­kir­chen wur­de es etwas still neben mir

Fuß­ball spie­len ist doch etwas Ande­res als ein Aus­dau­er­lauf auf die­se Distanz und das spür­te jetzt auch Mama­dou in den Bei­nen

Als ich ihn an der Kreu­zung zu sei­ner Woh­nung ver­ab­schie­de­te, tausch­ten wir noch kurz die Tele­fon­num­mern aus und ich bin gespannt, ob er bald wie­der dabei ist

Mor­gen soll es ja erst mal viel Regen geben und da erwar­te ich kei­nen mei­ner Beglei­ter

ja ja…

Gym­nas­tik, Obst, Joghurt und Kör­ner

“They just could­n’t belie­ve that someone would do all that run­ning for no par­ti­cu­lar reason.” For­rest Gump

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In der Sonne

Als ich um 6:15 aus der Haus­tü­re lief, wuss­te ich noch nicht so recht woher mei­ne Run­de gehen soll­te

Ich lief erst mal durch die Stadt und zum Treff­punkt an der Aral-Tank­stel­le am Bel­ten

Dort kam gera­de Alpha an und kurz­ent­schlos­sen ent­schied ich mich mit ihm zur Esch­bach­tal­sper­re zu lau­fen

Er kennt bis­her nur die Bal­kan­tras­se nach Len­nep und bei dem son­ni­gen Mor­gen soll­te eine hüge­li­ge, teils durch die Wäl­der füh­ren­de Tour kein Pro­blem sein

Also erst mal an der Stra­ße ent­lang run­ter unter­halb der Stau­mau­er

Alpha hat­te solch ein Bau­werk noch nie gese­hen und stand recht rat­los davor

Was ist das? Wozu dient das? Was ist dahin­ter?

Und als wir dann dem schma­len Wald­pfad hin­auf zur Kro­ne der Mau­er lie­fen, den Blick übers damp­fen­de Was­ser hat­ten und den Son­nen­auf­gang sahen, da wuss­te er, dass wir nicht nur Stadt und Asphalt haben

Nun lie­fen wir eine gro­ße Run­de über den obe­ren Weg und dann am stei­ner­nen Kreuz hin­auf zum Grenz­wall und wei­ter über den Ten­ter Weg bis zur Treck­na­se und über die Bak­an­tras­se zurück nach Hau­se

Auf den letz­ten drei Kilo­me­tern mein­te Alpha dann aber doch zu mir

“Mei­ne Füße sind schwer”

Mor­gen wird das wie­der gut

Und dann mache ich mei­ne Gym­nas­tik mit mei­nem Freund dem Mari­en­kä­fer in der Son­ne des frü­hen Mor­gens

Gym­nas­tik, Obst, Joghurt und Kör­ner

“They just could­n’t belie­ve that someone would do all that run­ning for no par­ti­cu­lar reason.” For­rest Gump

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Jetzt wird alles gut

Nach Deutsch­land kam er Ende Juli Zwei­tau­send­und­fünf­zehn und im August des sel­ben Jah­res auch nach Wer­mels­kir­chen

Als einer die­ser vie­len tau­send Flücht­lin­ge die­ser Zeit

Bul­bul aus Ban­gla­desch

Am acht­und­zwan­zigs­ten Sep­tem­ber Zwei­tau­send­und­fünf­zehn traf ich ihn zum ers­ten Mal und von Beginn an waren wir der Mei­nung

“Wir schaf­fen das.”

Maso­od hat­te ihn mit zum Mor­gen­lauf gebracht und er woll­te mal ein Stück mit uns lau­fen (hier nach­zu­le­sen)

Und am Tag drauf war er wie­der da, als “Stal­ker” :) (hier nach­zu­le­sen)

Mit und mit wur­de er zum stän­di­gen Beglei­ter mei­ner Läu­fe und auch zum guten Freund

Wir ver­brach­ten viel Zeit mit­ein­an­der und als Flücht­ling woll­te er, obwohl er bis Sep­tem­ber Zwei­tau­send­und­sech­zehn nicht mal sei­nen Antrag auf Asyl stel­len konn­te, mög­lichst schnell und sinn­voll in unse­re Gesell­schaft fin­den

Mit­ma­chen

Ers­tes Ziel war das Erler­nen unse­rer Spra­che

Er ist ein Sprach­ta­lent

Eine eige­ne Woh­nung muss­te her und wur­de dank Cor­ne­lia gefun­den

Sei­ne alten und neu­en Freun­de hal­fen ihm bei der Reno­vie­rung und beim Ein­zug

Ok die Woh­nung ist sehr klein, aber fein

Das nächs­te Ziel war ein Aus­bil­dungs­platz

Auch die­ser wur­de dank Caro­lin gefun­den, obwohl es vie­le Zweif­ler gab

Eine Aus­bil­dungs­stel­le in einem metall­ver­abei­ten­den Beruf

Er wur­de erfolg­rei­cher Mit­spie­ler und Ver­eins­mit­glied im ört­li­chen Bou­le­ver­ein dank Mat­thi­as und war auch schon im zwei­ten Jahr als ech­ter Kar­ne­vals­jeck im Ein­satz

Im Sep­tem­ber Zwei­tau­send­und­sech­zehn konn­te er dann end­lich sei­nen Asyl­an­trag stel­len

Ein mul­mi­ges Zwi­schen­ge­fühl

Anfang Janu­ar Zwei­tau­send­und­sieb­zehn hat­te er dann sein “gro­ßes” Asyl­ge­spräch vor der Außen­stel­le des Bun­des­am­tes für Migra­ti­on und Flüch­tin­ge in Bie­le­feld

Ein erneu­tes mul­mi­ges Zwi­schen­ge­fühl

Und dann die­se lan­ge unkla­re War­te­zeit

Aber er steck­te den Kopf nicht in den Sand

Wur­de sogar Mit­glied in einer gro­ßen poli­ti­schen Par­tei, weil er sich für Poli­tik inter­es­siert

Geht Tag für Tag sei­ner gewoll­ten Inte­gra­ti­on nach

Und den­noch

Unklar­heit viel­leicht nicht hier blei­ben zu kön­nen

Unklar­heit viel­leicht die neu gewon­ne­nen Freun­de gege­be­nen­falls wie­der zu ver­lie­ren

Unklar­heit viel­leicht den erfolg­reich begon­ne­nen Aus­bil­dungs­platz auf­ge­ben zu müs­sen

Unklar­heit

Bis jetzt

Nun ist sie erst ein­mal vor­bei

Bul­bul ist nun offi­zi­ell aner­kann­ter Flücht­ling durch das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge geprüft und beschie­den

Das gibt Sicher­heit

Auch Pla­nungs­si­cher­heit

Anja und ich freu­en uns unge­mein für unse­ren Freund

Jetzt wird alles gut

Weil wir es schaf­fen