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Die kurze Geschichte vom falschen Vorurteil über die Jugend

Nun denn

Wir drei lie­fen wie üblich um kurz nach sechs aus dem Haus auf unse­re täg­li­che Jog­gingstre­cke. Erst Anja mit Paul und eini­ge Minu­ten spä­ter dann auch ich mit mei­nen Pod­casts auf den Ohren. Heu­te war es eine Zusam­men­stel­lung von “Das Coro­na­vi­rus-Update” und “Betreu­tes Füh­len”. Oben in der Tho­mas-Mann-Stra­ße tra­fen wir uns dann kurz und jeder lief dann wei­ter auf sei­ner eige­nen Stre­cke, Anja mit Paul wie­der in Rich­tung nach Hau­se und ich in Rich­tung Len­nep

Oben in Ber­gisch Born mach­te ich auf einem Feld­weg ein Foto für mei­nen spä­te­ren Face­book Post

Als ich dort so zugan­ge war kam Peter vor­bei gelau­fen, wir hat­ten uns schon sehr lan­ge nicht mehr gese­hen. Er hielt kurz an und wir wech­sel­ten rasch ein paar Wor­te und dann wei­ter

Kurz bevor ich die ers­ten neun Kilo­me­ter auf der Sport­uhr hat­te bemerk­te ich, dass ich auf dem lin­ken Ohr nichts mehr hör­te und wei­ter, dass ich Dus­sel wohl mei­nen Ohr­hö­rer ver­lo­ren hat­te. Ich nut­ze sol­che Blue­tooth Ohr­hö­rer, wel­che man kaum spürt und die aber für mei­ne Zwe­cke wirk­lich sehr gut sind. Nun war einer fott, ver­lo­ren im Gestein­schot­ter und Unkraut­be­wuchs der alten Bahn­tras­se — tol­le Wurst

Ich stopp­te die Uhr und mach­te mich an die Suche nach dem klei­nen Teil. Was ich zu die­sem Zeit­punkt noch nicht wuss­te, weil ich es ver­ges­sen hat­te ist, dass die­se Gerä­te in Ver­bin­dung mit der dazu­ge­hö­ri­gen App auf dem Smart­phone eine Such­funk­ti­on bie­ten. Man steu­ert über das Menü der App einen Piep­ton an den Ohr­hö­rern an und kann sie so bes­ser aus­fin­dig machen. Natür­lich geht das auch nur, solan­ge sie in Blue­tooth-Reich­wei­te sind

Wie ich aber schon schrieb, half mir das zu die­sem Zeit­punkt nichts, denn ich hat­te die­se Funk­ti­on schlicht ver­ges­sen und ich wuss­te auch nicht, wie weit ich mich unter Umstän­den schon von dem ver­lo­ren­ge­gan­ge­nen Ohr­hö­rer ent­fernt hat­te

So such­te ich also, ich war auf­ge­regt, ver­är­gert auf­grund mei­ner Unacht­sam­keit und auch, weil die­se Tei­le gar nicht mal so preis­wert sind

Eini­ge Rad­fah­rer fuh­ren kom­men­tar­los an mir vor­bei. Auch die­se Schü­ler, die mir von Mon­tag bis Frei­tag und manch­mal auch Sams­tags mit den Rädern von Len­nep kom­mend ent­ge­gen fah­ren. Sie grüß­ten zwar, aber fuh­ren erst ein­mal wei­ter. Doch einer der jun­gen Schü­ler dreht um und kam zu mir zurück, die ande­ren war­te­ten. Er frag­te mich, was ich suchen wür­de und ich zeig­te ihm den ande­ren Ohr­hö­rer — So was suche ich — hab´s ver­lo­ren!

Sogleich rief er sei­ne Kum­pels und eine Kum­pelin zurück und alle, gesamt waren es fünf Schü­ler, fin­gen gemein­sam mit mir an mei­nen Ohr­hö­rer zu suchen. Jeder such­te einen klei­nen Bereich auf einer Stre­cke von cir­ca fünf­zig Metern ab, dreh­te Stei­ne um und bog Sträu­cher an die Sei­te

Die­se jun­gen Leu­te mach­ten in aller Ruhe etwas, was ich von jun­gen Men­schen so nicht erwar­tet hät­te

Und weil das Glück immer auf der rich­ti­gen Sei­te steht, hat einer der Schü­ler mei­nen Ohr­hö­rer tat­säch­lich gefun­den. Da war mei­ne Freu­de aber rie­sig, das kann ich hier noch­mal ganz laut schrei­ben und das habe ich den Fün­fen auch mehr­mals gesagt

Wisst ihr was? Ihr habt mei­nen Tag geret­tet!

Dan­ke. Und wenn ihr jetzt zu spät kommt und der Leh­rer fragt, dann erzählt ihm bit­te was pas­siert ist

Und dann fuh­ren Sie mit den Rädern zur Schu­le und ich lief mei­ne Mor­gen­run­de zu Ende

Ich fin­de das soll­tet ihr wis­sen

Tag 3090 und 67788 im Streak

“They just could­n’t belie­ve that someone would do all that run­ning for no par­ti­cu­lar reason.” For­rest Gump