Eigentlich bin ich kein wirklich guter, auf jeden Fall kein wirklich schneller Läufer. Aber jeder hat so sein eigenes Ding.
Es waren die Jahre vor 2005. Seit denen änderte ich so ziemlich alles in meinem Leben. Long story short: Bewegung ins Leben bringen, 80 Kilo abnehmen, weniger Job und dafür mehr Zeit mit Frau, Hund und Menschen verbringen. Viel Vorbereitung auf meinen langen Etappenlauf. (Die ganze Story habe ich in meinem Buch "Lebenslauf - Kein Wettkampf" schon ausführlich erzählt.)
Acht Jahre später, am 02. Januar 2012, startete ich mein “Projekt Täglichlaufen” und seitdem laufe ich jeden Tag. Diese besondere Art zu laufen nennt man Streak-Running. Diese Laufsportart ist mit herkömmlichem Laufen nicht vergleichbar, weil die Pausentage zur wirklichen Regeneration beim Streak-Running schlicht fehlen. Somit muss man als Streak-Runner seine körperlichen und geistigen Ressourcen sehr gut dosieren. Bei mir kommen noch einige zu beachtende körperliche Beeinträchtigungen an Lunge und Blutdruck hinzu, aber “irgendwas is ja immer.”
Zudem hatte ich mir neben diesem Streak-Running eine weitere Leistungsvorgabe vorgenommen. Ich wollte schauen, ob ich Körper und Geist wirklich in Einklang bringen und wie weit ich das auf die Spitze treiben kann. Ein schmaler Grat, denn wenn ich nur einen Tag ausfiele, wäre das Projekt gescheitert.
Mein Plan: Zusätzlich dazu, an jedem Tag zu laufen, ohne auch nur einen Tag auszusetzen, bei jedem Wetter, bei jeder Stimmung, bei jeder körperlichen Verfassung und immer draußen, plante ich noch eine möglichst hohe Kilometerleistung zu schaffen. Erst einmal die Distanz von einer Erdumrundung mit 40.076,6 Kilometern und dann, wenn alles gut liefe, direkt im Anschluss eine weitere Erdumrundungs-Distanz.
Dieses Ziel ist nun erreicht.
In nunmehr 3.699 Tagen oder anders ausgedrückt in zehn Jahren und fünfundvierzig Tagen in Folge.
Mit dem heutigen Lauf waren es insgesamt 80.153,2 Kilometer mit 864.734 Höhenmetern.
Das ist, am Äquator gemessen, zweimal die weiteste Strecke um die Erde und währenddessen knapp achtundneunzig mal den Mount Everest hinauf.
Ein täglicher Durchschnitt von 21,67 Kilometern, somit ein wenig mehr als einen Halb-Marathon pro Tag.
Die durchschnittliche Pace betrug 6:21 min/km. Anfangs meiner Streak war ich bedeutend schneller unterwegs, als ich es zum jetzigen Zeitpunkt bin. Eigentlich auch logisch auf diese lange Distanz, wobei ich auch heute immer noch auf der ersten Hälfte meiner täglichen Läufe langsamer bin als auf der zweiten Hälfte. Irgendwann lockt halt das Frühstück und dann zieht es mich schneller nach Hause.
Es war ein sehr langer Etappenlauf der besonderen Art.
Allem Anschein nach war meine jahrelange Vorbereitung, meine Lauftechnik, mein Material, meine Physis und Psyche genau richtig ausgewählt und eingestellt für dieses Vorhaben.
Nun bin ich am Ziel meines Vorhabens angelangt. Fürs Erste. Für mich war es eine selbst auferlegte und erfolgreich abgeschlossene Prüfung.
Jetzt werde ich meinen eigenen, wenn auch nur geringen Druck etwas herausnehmen und meiner eigentlichen Vision weiter folgen. Getreu nach meinem Motto: morgens aufstehen und erst mal ein Stück laufen, ohne Wettkampf, mindestens eine Meile und zwar weiterhin täglich.
Streak On
PS: Zusätzlich bin ich in diesen 3.699 Tagen mit meiner Frau Anja und unserem Hund Paul noch 29.172 Kilometer mit 629.437 Höhenmetern gewandert. Sozusagen als “Ausgleich”. Meine zusätzlichen Fahrradkilometer lasse ich außen vor, die verfälschen den Fußabdruck.
Insgesamt waren es somit 109.325,2 Kilometer mit 1.494.171 Höhenmetern zu Fuß.
PPS: Es kann durchaus sein, dass ich jetzt nicht mehr jeden Tag meine Streak in den Sozialen-Netzwerken und dort in den entsprechenden Laufgruppen poste, vermutlich zur Freude einiger Sportsfreunde, die ich in der letzten Zeit damit genervt hatte. Einige meinten nämlich, dass meine Läufe herkömmliche Trainingsläufe wären.
PPPS: Ich freue mich sehr, das geschafft zu haben. Es gibt mir sehr viel Selbstvertrauen und vor allem Zufriedenheit.