Bestimmt 150 Personen sind am Montag Abend der Einladung zum 4. Treffen der Initiative in das Ev. Gemeindehaus Markt gefolgt.
Cornelia Seng machte in einer kurzen Ansprache deutlich, was “Willkommenskultur” bedeutet und wofür die Initiative steht. (Wortlaut siehe unten)
Anschließend wurde in kurzen Berichten die Arbeit vorgestellt. Reinald Rüsing und Elke Mielke berichteten über das große Engagement in Dhünn und Dabringhausen rund um die Erstaufnahmeeinrichtungen in den Mehrzweckhallen.
Ursula Nicola-Hesse ermutigte zum Mentoring. Auch begrenzte Aufgaben in der Begleitung einer Flüchtlingsfamilie sind möglich. Wichtig ist, dass möglichst viele Kontakte zwischen alten und neuen Nachbarn entstehen.
Bei den Sprachkursen wird jeweils im Team unterrichtet, so dass für niemanden die Aufgabe zu groß wird.
Wer gerne mit Kindern arbeitet, ist im Team der Lernpaten an der Schwanenschule willkommen. Für das nächste Schuljahr wird Unterstützung gebraucht.
Von dem neusten Projekt der Initiative berichtete Bijan Golabi: In der Luisenstraße soll eine Fahrradwerkstatt entstehen. Gemeinsam Fahrräder zu reparieren und flott zu machen ist das Ziel. Hier werden handwerklich geschickte Leute noch dringend gesucht.
Überhaupt war viel von Gemeinsamkeit zu spüren an diesem Abend: Auch die “neuen Nachbarn” waren zahlreich vertreten. Miteinander zu leben in der Vielfalt der Sprachen und Kulturen, das ist das Ziel der Initiative.
Am Ende des Treffens musste Dr. Housam Darwish verabschiedet werde. Er hat seit Oktober vergangenen Jahres als Mentor im Sozialamt gearbeitet. Mit seiner großen sprachlichen Kompetenz und seiner freundlichen Art hat er viele alte und neue Nachbarn zusammengebracht. Cornelia Seng dankte ihm herzlich für die große Unterstützung, dem Anliegen der Initiative entsprechend Menschen in Wermelskirchen willkommen zu heißen. Dr. Darwish wird eine Forschungsaufgabe an der Universität in Köln übernehmen. Wir lassen ihn nur ungern ziehen! (Auch seine Dankesrede finden Sie unten.)
Herzlich Willkommen heute Abend!
Es ist das erste „große“ Treffen in diesem Jahr. Wir haben viel gearbeitet und vieles miteinander erlebt. Wie es seit Oktober 2014 geworden ist, soll heute Abend vorgestellt werden, anhand des neuen Flyers und in persönlichen Berichten.
Am Beginn der Initiative standen Worte der Bibel, die Christen ermutigen, sich der Fremden anzunehmen. Jesus sagt: “Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen.” (Matthäus 25,35)
Damals waren wir uns schnell einig, dass das Motto „Willkommen in Wermelskirchen“ am besten ausdrückt, wofür wir stehen.
Damals sprach man von einer „Willkommenskultur“ in Deutschland. Am Hauptbahnhof in München wurden Flüchtlinge mit Fähnchen und Wasserflaschen begrüßt.
Das ist mehr als ein Jahr her. Was ist in unserem Land davon geblieben?
In den letzten Monaten ist viel von der Angst vor Überfremdung die Rede. Europa baut Zäune, Europa schließt Verträge mit der Türkei aus Angst vor zu hohen Zuwanderungszahlen.
Politiker haben Angst vor der Stimmungsmache mit Fremdenfeindlichkeit.
Aber ist das wirklich so, dass die meisten Menschen hier diese Abschottung und Abschiebung wollen?
Bringt das etwas, vor dem Elend und der Not vieler Menschen in der Welt einfach die Augen zu zu machen?
Gibt es nicht immer noch ganz viele Menschen in unserem Land, die mit uns in der Zuwanderung eine große humanitäre Aufgabe sehen und zuversichtlich „Willkommen“ sagen?
Aber was meinen wir, wenn wir „Willkommen in Wermelskirchen“ sagen? Was besagt der Begriff von der „Willkommenskultur“?
Vor ein paar Wochen war ich in den USA. Zu einem Treffen von Pfarrern und Pfarrerinnen im Bundesstaat Wisconsin, nordwestlich von Chicago.
Das Wochenende habe ich in einer Gemeinde der United Church of Christ in einer kleinen Stadt verbracht. Im Gottesdienst am Sonntag sollte ich mich vorstellen und über unsere Flüchtlingsarbeit berichten. Die Amerikaner beobachten sehr genau, wie Europa mit den Flüchtlingen umgeht. „In unserer Gemeinde wählen viele Donald Trump“, warnte mich die Pfarrerin, bei der ich zu Gast war. Okay. — Ich habe von „Willkommen in Wermelskirchen“ berichtet. Und von den vielen bereichernden Begegnungen mit Menschen aus anderen Ländern. „We stand up for refugees“, habe ich gesagt. „To stand up for someone“ ist im Deutschen am besten zu übersetzen mit „für Flüchtlinge einstehen“, uns „vor“ sie stellen. — Das bedeutet für mich „Willkommenskultur“:
Wir nehmen Menschen, die in ihren Heimatländern unverschuldet in Not geraten sind, freundlich und respektvoll auf. Und lassen sie an unserem Leben teilnehmen.
„Willkommenskultur“ in diesem Sinne ist aber nicht nur ein innerchristliches Ding.
Sie ist eine Verpflichtung unseres Grundgesetzes.
Artikel 1 unseres Grundgesetzes lautet:
„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs und dem bösen Geist der Nazi-Zeit war den Vätern und Müttern dieser Bundesrepublik das als unumstößliche Grundlage unseres Zusammenlebens wichtig.
Für Christen ist das einfach zu akzeptieren, „sonnenklar“: Die Würde jedes Menschen ist im Schöpfungsglauben begründet, jeder Mensch ist „geschaffen als Ebenbild Gottes“ (1.Mose 1,27).
Die Würde des Menschen lässt sich aber genauso gut humanistisch oder allgemein philosophisch begründen.
Der ganze Artikel 1 des GG lautet aber:
„Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“.
Aber Flüchtlinge und Asylsuchende erleben die neuen behördlichen Maßnahmen und politischen Regelungen oft als immer neue Hindernisse. Es werden ihnen immer wieder Steine in den Weg gelegt, die das Ankommen in einem normalen Leben in Deutschland behindern.
So erhalten z. B. nach dem neuen Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 24. Oktober 2015 auch Menschen aus den Kriegsgebieten in Syrien und dem Irak nur noch „subsidiären Schutz“ statt einer Anerkennung, wie das bisher üblich war.
Ohne dass sich in dieser Zeit am Krieg in Syrien etwas geändert hat!
„Subsidiärer Schutz“ bedeutet unter anderem, dass der Familiennachzug in dieser Zeit ausgesetzt ist. Familienväter können ihre Familien nicht auf legalem Weg nachkommen lassen. Gerade Frauen mit kleinen Kindern sind im Kriegsgebiet zurückgeblieben. Wie sollen die jungen Väter ihr Leben hier in Deutschland aufnehmen, mit der Sorge um ihre Familien?
Damals, im Sommer 2015, hat selbst die Kanzlerin gesagt, Dublin III sei gescheitert. Dublin III ist die europäische Regelung, nach der ein Asylbewerber in dem Land der EU bis zum Abschluss seines Asylverfahrens bleiben muss, das er zuerst betreten hat. Dass das nicht funktionieren kann, weil Griechenland und Italien alleine damit völlig überfordert sind, leuchtet jedem sofort ein.
Trotzdem bekommen viele Menschen gerade in der letzten Zeit den Bescheid über die Ablehnung ihres Asylverfahrens hier in Deutschland, weil sie in Italien oder Ungarn schon registriert seien. Gerade Italien und Ungarn nehmen aber gar keine Asylbewerber zurück. Warum sollten sie auch?
Die Uneinigkeit in der EU wird auf dem Rücken der Menschen ausgetragen. Das bedeutet Warten und Ungewissheit.
Im Sinne der Willkommenskultur sagen wir:
Alle Menschen, die länger als ein halbes Jahr in Deutschland sind, sollten Zugang zu Sprachkursen und Arbeitsmöglichkeiten haben, die ihnen ein eigenständiges Leben ermöglichen und eine Zukunftsperspektive eröffnen.
„Angst macht blind.“ — „Angst ist ein schlechter Ratgeber.“ — Lehrer wissen: Angst verhindert das Lernen, weil Angst einschnürt, eng macht, einem den Atem nimmt.
Auch „Fremdenangst“ behindert das Leben, es kann sich nicht in all seinem Reichtum entfalten.
Wie bereichernd kann dagegen das freundliche aufeinander Zugehen sein!
Vor ein paar Wochen habe ich in einem Kreis älterer Frauen der Kirchengemeinde über „Willkommen in Wermelskirchen“ berichtet. Ich habe auch ein einige der jungen Flüchtlingsfrauen dazu eingeladen. „Die tragen ja Kopftuch“, haben zu Beginn die einheimischen Frauen besorgt geflüstert. Eine gute Stunde saß man sich am Tisch gegenüber, lächelte sich an. So gut es ging, wurden auch ein paar Worte gewechselt.
Vorige Woche habe ich eine unserer alten einheimischen Frauen in der Stadt getroffen. Sie strahlte über das ganze Gesicht. „Frau Seng, wenn die jungen Frauen mich jetzt auf der Straße sehen, winken die schon von Weitem und kommen und nehmen mich in den Arm. Das tut denen doch auch gut.“ Dass es ihr selber auch gut tut, war ihr anzusehen.
Diese bereichernde Erfahrung haben in dem vergangenen Jahr viele Menschen hier in Wermelskirchen gemacht.
Das freundliche Miteinander tut uns selber gut. Diese Vielfalt bereichert uns.
Das kann man erfahren, das kann man lernen. Miteinander zu leben tut gut. Wir Menschen sind dafür bestimmt, freundlich und respektvoll miteinander zu leben. Auch mit kulturellen Unterschieden.
Wir stehen zu einem freundlichen Miteinander in der Vielfalt der Kulturen.
Ein freundliches Miteinander in kultureller Vielfalt tut (uns) gut.
Paul Zulehner, ein katholischer Theologe aus Österreich, hat ein Buch geschrieben mit dem Titel: „Entängstigt euch! Die Flüchtlinge und das christliche Abendland“.
Er weist darauf hin, dass das Neue Testament in der Weihnachtsbotschaft beginnt mit der Aufforderung: „Fürchtet euch nicht!“
Ein anderer Spruch aus der Bibel lautet: „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern vollkommene Liebe vertreibt die Furcht.“ (1. Joh. 4,17)
Christen sind aufgerufen, das Leben zuversichtlich zu gestalten, entsprechend dem was Jesus gesagt hat.
Zu einer Willkommenskultur gibt es keine vernünftige Alternative!
Diese Zuwanderung ist bereichernd, wir sollten sie zuversichtlich gestalten.
Sie ist eine Bereicherung für das Miteinander in unserer Stadt. Die jungen Leute werden unserer Wirtschaft gut tun und der Überalterung unserer Gesellschaft entgegenwirken.
Übrigens: In Amerika, nach meiner kurzen Rede über „Willkommen in Wermelskirchen“ in der Gemeinde mit den „Trump-Wählern“, hat mir eine Frau spontan 500$ für unsere Arbeit in die Hand gedrückt. Auch in Amerika gibt es Menschen, die unser Anliegen mittragen!
Ich danke Ihnen allen.
Danke, dass wir hier in Wermelskirchen gemeinsam in diesem Sinne unterwegs sind!
Vor fast 2 Jahren bin ich mit meiner Frau in Deutschland angekommen. Wir waren nicht wirklich Menschen, wir waren nur Flüchtlinge, die nach Sicherheit suchten. Nach der Ankunft in Wermelskirchen, haben wir versucht, einen neuen Start oder ein neues Leben zu haben. Am Anfang, war das schwer und vielleicht ganz unmöglich, die Menschen in WK sahen sehr konservativ aus. Aber Schritt für Schritt, haben wir uns mit freundlichen Leuten getroffen: Reinhild Prinz, Harald Bergerhoff, Brigitte Krips … etc.
Aber der wirkliche Wendepunkt war die Geburt von dieser tollen Initiative „Willkommen in Wermelskirchen“. „Thanks to dieser Initiative waren wir nicht mehr nur Flüchtlinge, die viel Hilfe brauchen, sondern wir waren auch Menschen, die Freunde und gleiche Partner sein können. Wir hatten die Chance nicht nur viel Hilfe zu bekommen, sondern hatten auch die Chance gute und normal soziale Beziehungen zu haben. Ich möchte hier eine kurze Geschichte erzählen: Nach unserem Umzug in eine Wohnung oder Haus, haben wir einen Brief bekommen. Ich möchte diesen Brief vorlesen, weil er den Geist von „WKIWK“ darstellt und von der Willkommenskultur zeugt:
Dear neighbors from Syria!
Welcome in our city Wermelskirchen. I hope you feel at home here.
If you have any questions or need anything you can feel free to contact me. My name is Lotte Vom stein and I live in Lindenweg 26. It is not so far away from you.
You don’t need to be afraid because I am willing to help you.
Your sincerely
Am Ende, möchte ich sagen dass die Willkommenskultur von wkiwk nicht nur super ist im Willkommen sagen für die Flüchtlinge, sie ist auch super und klar in ihren Tun.
Wenn ich jemandem von dieser Initiative danke, sagt er oder sie normalerweise: „nichts zu danken“, aber für mich es gibt viel, viel zu danken. Dankeschön, dass ich mitmachen durfte in dieser fantastischen Initiative.
Ab Morgen versuche ich ein Kölner zu sein, aber ich werde für immer ein Wermelskirchener bleiben!