Am heutigen Morgen wurde ich von Rahul zu Hause abgeholt, um dann mit ihm gemeinsam in die Beltenerstraße zu Bulbul zu laufen
Zu dritt versuchten wir dann Ousmane zu finden, der sich auf den Weg von der Erstaufnahmeeinrichtung Dabringhausen zu uns nach Wermelskirchen aufgemacht hatte. Leider haben wir ihn aber nicht getroffen. Er ist erst später in Wermelskirchen angekommen und war dann zu müde, um mit mir noch nach Bergisch-Born zu laufen
Wir liefen also von Belten nach Tente, eine Runde durch die Stadt und wieder zurück nach Belten
Hier verabschiedeten sich Bulbul und Rahul, weil sie bei einem Umzug behilflich sein wollten
Ich lief dann den Rest meiner Morgenstrecke alleine und konnte mir so nochmal Gedanken zu den immer wieder aufkommenden Fragen zu mir, meinem Tun und über die Gründe für den Aufenthalt meiner Begleiter in Deutschland machen
Ich habe jeden Monat etwas über vierzigtausend Besucher hier auf diesem Blog
Da stellen sich einige Besucher hin und wieder Fragen. So bekam ich auch heute unterschiedliche Anfragen per Email, persönlicher Nachricht in Facebook und per WhatsApp. Darunter auch vom Fraktionsvorsitzenden der WNK UWG (einer Partei in Wermelskirchen) und Ratsmitglied im Stadtrat, Henning Rehse. Von Herrn Rehse allerdings nicht zum sportlichen Teil
Zum Beispiel zum Täglichlaufen auf Langdistanz. Wie geht das? Wie hält man das physisch und psychisch aus, über so lange Zeit, mittlerweile über vier Jahre am Stück jeden Tag eine Distanz im Durchschnitt von dreiundzwanzig Kilometern zu laufen
Antwort: Ich habe mit dem Täglichlaufen am zweiten Januar Zweitausendundzwölf angefangen, es hat bisher funktioniert und ich mache weiter. Der Körper und der Geist passen sich an die Situation an
Oder die Frage nach meinen Begleitungen. Wer begleitet mich? Warum?
Antwort: Meine Begleitung wechselte über die Jahre. Anfangs war es Anja, dann lief ich eine Zeit lang alleine, dann schloss sich Steffen über einen sehr langen Zeitraum an, dann lief ich wieder länger alleine, dann gesellte ich mich zu einer Laufrunde an der Eschbachtalsperre bis irgendwann im September letzten Jahres die Jungs aus dem Ausland kamen. Zwischendurch laufen immer wieder andere Läufer mit und scheinbar macht es ihnen Freude sich mir oder uns anzuschließen
Zur Zeit sind neben unterschiedlichsten deutschen Läuferinnen und Läufern auch viele aus Pakistan, Bangladesch, Mali, Guinea, mal aus Somalia, Albanien und auch ein Türke mit deutschem Pass, dabei, hat sich so ergeben. Sie sind hier in Deutschland und das aus unterschiedlichsten Gründen
Ich kenne diese Gründe nicht. Sie scheinen aber für meine Laufbegleiter gewichtig genug zu sein, um ihre Heimat zu verlassen und weit weg von Mutter und Vater ein neues Leben zu beginnen oder versuchen zu beginnen
Die Gründe können sein, a) dass sie vor Krieg fliehen, oder b) Asyl auf Grund einer politischen, ethnischen oder religiösen Verfolgung suchen, c) sie subsidiären Schutzes bedürfen oder d) einfach nur zu Hause nix zu Fressen haben
Wer es genau wissen möchte, was den einzelnen meiner Begleiter dazu veranlasst hat sich die Schuhe anzuziehen und diese vielen Kilometer bis hier her zu laufen, der darf sie gerne beim Morgenlauf selbst fragen. Viele meiner deutschen Laufbegleiter haben diese Chance bereits genutzt und auch untereinander sprechen die Jungs über ihre Gründe. Manche Beweggründe bleiben unausgesprochen. Man sieht sie nur in ihren Gesichtern
Eine weitere Möglichkeit aus erster Hand zu erfahren wie und warum jemand nach Wermelskirchen gekommen ist, findet man mit einem Besuch im Café International der Initiative “Willkommen in Wermelskirchen”. Dort kann man Kontakte knüpfen und sich zwanglos unterhalten
Oft fragen sich die Leute um uns herum, wie wir alle mit “unserer” Angst vor den vielen Muslimen umgehen
Antwort: Dazu empfehle ich als Einstiegsinformation den etwas über zwei Stunden dauernden Film, über den ich gestern bereits berichtet habe (zum Film)
Es ist wie immer im Leben alles eine Sache der Sichtweise, der Interpretation und es hat sich bisher immer gezeigt, dass ein friedliches und erfülltes Leben nur miteinander funktioniert statt gegeneinander
Das ist einfach nur eine Sache vom menschlichen Miteinander. Wir entscheiden nicht darüber ob und warum jemand hier bleiben darf oder nicht. Wir nehmen die Menschen nur so gut es geht auf und helfen ihnen in unserer für sie fremden Kultur
“They just couldn’t believe that someone would do all that running for no particular reason.” Forrest Gump